Room, 2, 2011


David Vostells Suiten entstehen in der Tradition der klassischen Orchesterbesetzung. Streicher und Oboen stehen oft am Anfang und vermitteln eine ernste Schönheit mit anmutigem Wiegen und Wogen. Dann entsteht ein reiches Geflecht an Steicherlinien. Die Suiten gewinnen an Tiefe und dramatische Kontraste lassen eine Bedrohung Gestalt annehmen. Ein Chor vertieft uns in ein musikalisches Drama und das Finale wird eingeleitet. Da die digitalen Fotocollagen in Verbindung mit David Vostells Suiten stehen, tragen sie den Titel der jeweiligen Suite.
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Die digitalen Fotocollagen, von David Vostell scheinen alles Existierende beschreiben zu wollen und muten wie eine Gebrauchsanweisung zu den komplexesten Dingen des Lebens an. Zu Zeitreisen und Psychologie, zu Unendlichkeit und Hypnose entstehen Fotocollagen die alles in der Verbindung verschiedenster Fotografien erforschen. In der Verbindung mit den Suiten, die David Vostell seit 2005 komponiert, entsteht ein visuelles und akustisches Zusammenspiel.
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2005 entstehen die ersten 24 Suiten und 24 digitalen Fotocollagen mit dem Titel Formeln des Lebens. Hat David Vostell wirklich die Formeln des Lebens gefunden? Seine Fotocollagen vermitteln uns scheinbar ein einheitliches Ergebnis intensiver Suche. Die Kombination verschiedenster Bilder aus der Welt- und Kunstgeschichte mit einer mathematisch scheinenden Formel sind eindrucksvoll und doch nur ein Versuch, alles verstehen zu können. Es kann nur ein Wunsch bleiben. Die Formeln des Lebens bewirken beim Betrachter Gedankengänge, die Parallelen zwischen Bildern und Formeln ziehen. So entstehen unzählige individuelle Versuche, das Leben zu verstehen.
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2006 entstehen digitale Fotocollagen mit dem Titel Das Universum ist Musik. Die komplexesten Eigenschaften des Universums werden wieder in der Collage verschiedenster Bilder und Fotografien interpretiert. Fokussieren die Suche nach der Weltformel. Nein, er hat sie nicht gefunden. Aber David Vostells eigene Interpretationen einer möglichen Weltformel könnten einen Betrachter auf den entscheidenden Gedanken bringen. Wir können aber auch einfach die Anspielung auf den Buddhismus aufnehmen und darin unser Glück versuchen. David Vostell hat, um diese Serie erstellen zu können, seinen Computer zu einem Wurmloch und zu einem Timetunnel gemacht. Er gelangt durch dieses Wurmloch in entfernteste Gebiete unseres Universums und findet Lebensformen in einem frühen Stadium der Evolution. Genaue Koordinaten werden auf den Fotocollagen angegeben. Er reist mit dem Timetunnel durch die Zeit und trifft auf Nostradamus. Wieder werden Koordinaten und detaillierte Daten notiert. So kann jeder der will, durch Wurmlöcher in unserem Universum hin und her rasen oder mit dem Timetunnel zu jedem Moment der Geschichte gelangen. Allerdings ist das nicht so einfach wie es scheint. Dazu braucht man eine zumindest ähnliche Vorstellungskraft und Phantasie wie David Vostell.
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2007 entsteht die Serie Influences, mit Titeln wie Sapere aude, Unendliche Zeit, Todo y nada (Alles und nichts). Wieder steht uns eine Bilderwelt zur Verfügung in der Millionen von Interpretationen möglich sind. Was hat Sapere aude mit den vielen Zahlen zu tuen? Hätten wir gerne die unendliche Zeit für uns? Ist es möglich alles und doch nichts zu haben? Tausende Fragen stellen sich und können doch nur von uns selbst beantwortet werden. Genau das scheint David Vostell zu wollen. Das wir versuchen, alles beantworten zu können.
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2008 reist diese Bilderwelt in die Erotik und die Mythologie. EEM Erotic-Enlightenment-Mythologies zeigt uns das Schöne. Alles ist bekannt und doch immer wieder reizvoll. Neu ist die Verbindung von Erotik und Mythologie nicht. Aber neu soll diese Serie auch nicht sein. Die Suche nach Interpretation und der Deutung der Welt scheint sich hier der Erotik zu ergeben.
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2009 werden wir in unseren eigenen Körper geschossen und sollen diesen doch bitte so verstehen wie er ist. Aber wie ist er? Die Fotocollagen sind wieder eine Einladung zur eigenen Interpretation. Das Wissen um unseren Körper nicht nur der Medizin überlassen, sondern auch selber forschen, um die Faszination unseres Körpers und das Wunder des Lebens begreifen zu können.
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2010 entsteht die Serie Serotonin. Wir bleiben im Kosmos des menschlichen Körpers. Die vielen Millionen Mischungen chemischer Substanzen in unserem Organismus machen uns die Interpretation schwer. Faszinierend ist der Gedanke, die chemischen Substanzen sehen zu können. Doch sind sie wirklich so schön wie auf den Fotocollagen? Ist die Vorstellung der Dinge schöner als die Realität? Die Serie Serotonin erinnert an das Hypnotische des LSD-Rauschs.
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2011 sehen wir in der Serie Room Türen, Treppen und Räume. Sind es Symbole, die in Träumen auftauchen? Räume, die wir betreten, Treppen, die wir steigen, Fenster, die wir öffen oder schliessen? Alles ist symbolisch zu sehen und der Schlüssel für die vielen Türen liegt in uns selbst.
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2012 ist David Vostell seine bislang persönlichste Serie gelungen. My mind ist ein wirklich beeindruckender Trip in seinen Geist. Seine Bilderwelt und Vorstellungskraft werden konkret und einsehbar. Er bittet und fleht, er betet und meditiert, er hofft und zweifelt. Ist David Vostell Buddhist, gläubig oder mit Mächten im Bunde? Wahnsinn und Neverland. David Vostells fein abgestimmtes Bewusstsein leidet, siegt und unterliegt täglich. Tagträume und Hinweise auf die Zeichen im Alltag. Rätselhafte Zusammenhänge. Das Altern, der Tod, der Glauben und die Hoffnung, und so vieles mehr.
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David Vostells digitale Fotocollagen sind ein visuelles Abenteuer, das uns nicht unberührt lassen kann, weil es ja eigentlich um uns selbst geht.

Teena Mitte, 2014